Im Jahre 1933 wurde in Oberhausen (Rhld), Rheinprovinz, Deutschland, in der Marktstr
ein Knabe geboren, der später Hans Joachim Grollmann getauft
wurde. Das war ich. Konfliktfrei ist das nicht abgelaufen. Ich hatte
die Nabelschnur um den Hals und war vom Sauerstoffmangel schon blau angelaufen. Letztlich, der Knabe lebte.
Mein
Großvater Johann Wilhelm Grollmann ist in Nieukerk, Kreis Cleve,
der ehemaligen Haupstadt der Rheinprovinz, damals zu Preusen
gehörend geboren. In Cleve war als Kind auch der Präsident des
Preuß. Obertribunal in Berlin Heinrich Dietrich Grollmann, später preußischer Briefadel von
Grolman, zu Hause. Sein Sohn, General Karl Wilhelm Grolman, schon in Berlin geboren, hat als
Generalstabschef die Endschlachten gegen Napoleon geführt.
Mein Vater Johann Grollmann, genannt Hans.
Meine Mutter Hedwig Grollmann, genannt Hetty, geborene Stumm.
Meine Vater war Elektroinnungsmeister und die Eltern hatten ein
Elektrogeschäft. Beide waren den ganzen Tag dort tätig, da
ein Verkaufsgeschäft dazu gehörte. Deshalb habe ich sie
eigentlich kaum gekannt. Zuhause war die Grossmutter und ein bis
zwei Dienstmädchen. 1935 kam mein Bruder Wolfgang zur
Welt. Ich hatte keine grosse Beziehung zu ihm, er hatte keine Mentalität,
die mir zusagte. 1939 kam mein Bruder Armin zur Welt. Den kannte ich
kaum, da ich selten zu Hause war.
Auf dem grossen Hof bei der unserer Werkstadt in der Nohlstr. war eine SA-Dienststelle. Die
haben dort auch geschlafen und konnten den ganzen Tag mit uns spielen.
Trotzdem habe ich nie ein politisches Wort gehört, weder von
meinen Eltern, noch von den SA-Leuten. Das Rheinland ist erst 1936
befreit worden, es war französisch besetzt.
Mit 5 Jahren bin ich in die Schule gekommen. Ungefähr ein Jahr
vorher bemerkte ich eine allgemeine Unsicherheit und Kriegsgemunkel.
Bis dann die "Kristallnacht" kam. Als ich am Morgen zur Schule ging,
herrschte allgemeine Aufregung und viele Schaufenterscheiben waren
zerschlagen. Von Judenhetze habe ich bis dahin nichts gehört. Die
Synagoge brannte, es wurde geflüstert, die SA hat sie
angezündet. Ich habe jetzt erfahren, dass es eine
jüdische Kirche sei. Es hat mich gewundert, die Feuerwehr
löschte, was man absichtlich angezündet hat, denn ich hatte
die SA bis dahin immer für eine amtliche Stelle gehalten. Warum
verhindert die eine Amtsstelle, was eine andere Amtsstelle wollte?
Dann wurde bald aus der SA-Dienststelle ein
Militärrekrutierungsbüro, der Krieg wurde vorbereitet. Die
ersten Bomben fielen. Das Radio plärrte den ganzen Tag "Bomben,
Bomben auf Engeland". Dann fielen die ersten auch bei uns. Drei
Häuser von uns wurde ein vierstöckiges Haus
getroffen, alle tot. Jetzt beschwerte sich das Radio, dass die
Engländer Bomben auf uns warfen. Das wunderte mich wieder, einmal
war Bombenwerfen gut, einmal schlecht. So konnte ich die Welt
nicht begreifen, während die Oma jammerte "die Russen kommen, das
habe ich doch immer schon gesagt".
Wir Kinder kamen nach Schloss Marisfeld bis die Luftschutzkeller fertig
waren. Dann fast jede Nacht Fliegeralarm und die Kinder mussten hinter
den zerstörten Fenstern mit nassen Aufnehmern die Funken
löschen, und die Schaufensterscheiben waren gross. Zuletzt waren
wir in Freistein, bis 1940 unser Haus zerstört wurde, eine Tote.
Letztlich haben wir dann in Biebernheim gewohnt.
Die lieben Eltern hatten sich so bemüht alles aufzubauen, und nun ging wieder los die Stunde Null.
Die beiden Bilder rechts wurden an derselben Stelle im Garten der
Marktstrasse gemacht. Das Bild mit Vater vor, das Bild mit Mutter, nach
der Bombadierung. Das letztere war ein Abschiedsbilds. Meine Mutter hatte mich nach Oberhausen gebracht. Der Sammeltransport zum Gymnasium ging
1943 von Oberhausen aus. Meine Mutter fuhr zurück nach
St.Goar/Biebernheim, mein Vater war in Berlin.
Sei tapfer, sieht man sich wieder?
Hajo
Hajo mit Brüdern und Lotte
Hajo in der Marktstr.
1946
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Hajo, vier Wochen alt
Vater, mit Hajo 1935
Mutter, mit Hajo 1943
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